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Das Jahr 2011 begann mit einem guten und einem schlechten Ereignis.
Das Gute: Die Antifa Hohenschönhausen wurde als kooperatives Mitglied in die Berliner VVN-BdA aufgenommen. Zusammen vor allem mit der Lichtenberger VVN-BdA wollen wir in Zukunft enger zusammenarbeiten und gemeinsame Projekte planen.

Das Schlechte: Die NPD gab kurzfristig bekannt, in der Lichtenberger Max-Taut-Aula eine Vereinigungsfeier für die Fusion mit der DVU zu veranstalten. Am 15. Januar fanden sich dann tatsächlich 107 Neonazis in der Aula ein, um dort Reden von Udo Voigt, Sebastian Schmidtke und anderen zu folgen. Dem kurzfristig von uns und der Berliner VVN-BdA organisierten Protest vor der Aula schlossen sich mehr als 500 Menschen an. Die Polizei ging dabei mehrere Male unverhältnismäßig hart gegen Protestierer_innen vor.


Infoveranstaltungen in Lichtenberg
Im Rahmen des Lichtenberger Infocafés, das inzwischen den Namen „Manic Monday“ trägt und von uns in Zusammenarbeit mit dem UJZ Karlshorst, dem JFE Linse und den solids aus Friedrichshain organisiert wird, führten wir in diesem Jahr monatlich eine Veranstaltung durch, beginnend im Januar mit einer theoretischen Veranstaltung zum Begriff „Faschismus“. Die weiteren Veranstaltungen:

10. Januar - Faschismus - eine Begriffserklärung
07. Februar - Der Mythos Horst Wessel
21. März - Knastabend - Linke berichten von Hafterfahrungen
4. April - Zensus 2011 - Überwachung per Befragung
9. April - Workshoptag in Karlshorst – Beteiligung mit eigenem Panel zu Zwangsarbeit
2.Mai - Kneipenquiz zum 1. Mai
6. Juni - 2001 - Das Jahr der Gipfelstürmer – Genua und Göteborg
04. Juli - Einführung zur Person Eichmann und in die Prozesse
01. August - Mobiveranstaltung zu den Protesten gegen den AlQuds-Marsch
5. September - Rechtspopulismus in Berlin
17. Oktober - Filmabend 20. Jahre Wiedervereinigung: „Deckname Dennis“
7. November - Das Neonazi-Netzwerk "NW Berlin"
5. Dezember - Plakatgestaltung und Sexismus    
   
Zusammen mit den anderen Infocafé-Organisator_innen fanden in diesem Jahr mehr als 30 Veranstaltungen im Bezirk statt. Der Bezirk wurde so weiter mit alternativen Veranstaltungen belebt. Im Zusammenhang mit der „Zensus“-Veranstaltung verteilten wir im Bezirk mehrere tausend Flugblätter in Briefkästen.


Themenreihen „Liberation“ und „Eichmann“
Zusammen mit der NEA haben wir im April eine Veranstaltung mit dem Titel „Liberation“ geplant und durchgeführt. In diesem Rahmen fand eine Lesung, eine Zeitzeugenveranstaltung, eine Gedenkkundgebung, sowie ein Film- und Konzertabend statt. Wir erstellten in diesem Rahmen auch die Broschüre „Befreiung & Widerstand in Weißensee und Hohenschönhausen“, die in großer Auflage im Bezirk verteilt wurde.

14. April - Lesung: Frauen im Widerstand
22. April - Filmvorführung "Ich war 19"
22. April - Gedenken anlässlich der Befreiung Weißensees und Hohenschönhausens vom Nationalsozialismus
22. April - Liberation Jam – Die Befreiung zusammen feiern!
27. April - Zeitzeugenveranstaltung mit Edmund Huenigen – Deserteur, Kommunist und Partisan

Die jährliche Befreiungsparade am 8. Mai in Karlshorst wurde ebenfalls von uns unterstützt und in diesen Rahmen gestellt. Daran nahmen etwa 100 Menschen teil.

Im Juli, 60 Jahre nach dem Prozess gegen den NS-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann in Israel veranstaltete ALKALIJ und die Antifa Hohenschönhausen eine Reihe, die an den Prozess erinnerte. In diesem Rahmen fanden vier Veranstaltungen statt, unter anderem eine Führung durch die Eichmann-Ausstellung in der „Topografie des Terrors“. An den Veranstaltungen nahmen bis zu 40 Menschen teil.

4.Juli 2011 - Einführung zur Person Eichmann und in die Prozesse
12.Juli 2011 - Fritz Bauer - Tod auf Raten - Veranstaltung mit Regisseurin Ilona Ziok
23.Juli 2011 - Besuch der Sonderausstellung „Der Prozess - Adolf Eichmann vor Gericht“
28.Juli 2011 - Film: Ich habe Euch nicht vergessen - Simon Wiesenthals Leben und Vermächtnis


Seminarfahrt „Geschichte und Ideologie der SS“
Mitte Juni fuhren wir zusammen mit einigen ALKALIJ`s und insgesamt 24 politisch Interessierten aus weiteren Bezirken für vier Tage nach Paderborn, um von dort aus die Wewelsburg, das KZ Niederhagen, das Hermannsdenkmal und die Externsteine zu besichtigen. Eingebettet waren diese Ausflüge in ein Seminarprogramm zur Mythologie im NS, zu Täterbiografien und zu Möglichkeiten der Geschichtsaufarbeitung an NS-Kultstätten. Besonders interessant war der Umgang der Gedenkstättenleitung der Wewelsburg mit den zahlreichen Nazi-Gästen im Museum. Auch die Auseinandersetzung der Dorfbevölkerung mit dem geschichtlichen Erbe war spannend und ernüchternd zugleich. Die ehemaligen Häuser des KZs im Dorf wurden schon kurz nach dem Krieg zu normalen Wohnhäusern umgebaut. Ein Gedenken an die Opfer findet man nur mit viel Suchen.


„Nazis auf die Pelle rücken“
Nach den Brandanschlägen auf linke und alternative Wohn- und Kulturprojekte in Berlin wurde die Antifa-Kampagne „Nazis auf die Pelle rücken“ ins Leben gerufen. In diesem Rahmen fanden mehrere Demonstrationen und Proteste gegen NPD-Veranstaltungen statt. So zog eine Demonstration am 11. September nach Lichtenberg. Darüber hinaus wurden Infoblätter über die Neonazi-Szene in den Bezirken Lichtenberg, Treptow-Köpenick, Neukölln und Pankow in großer Auflage erstellt und verteilt. Dafür veranstalteten wir mehrere Infostände im Bezirk – 3. August am Linden-Center, 11. August am Allee-Center und 29. August am S-Bhf Karlshorst. Weitere Verteilaktionen fanden am 10. und 24. August im Weitlingkiez statt.


Halloween-Party
Am 28. Oktober luden wir zur fast schon traditionellen Antifa-Halloween-Party dieses Mal in die Räume des Subversiv e.V., um dort zu Pop-Trash-Alltimez zu tanzen. Mit den Einnahmen wurden einige unserer diesjährigen Projekte (re)finanziert.

Jugendzeitung Abuje
Neben den Veranstaltungen, die wir zusammen mit anderen Strukturen in diesem Jahr gemacht haben und der Broschüre die wir zusammen mit der NEA herausgebracht haben, wurden wieder zwei Abujes veröffentlicht. Hier beteiligten wir uns an der Redaktionsarbeit. Die Zeitung wird seit längerer Zeit in Zusammenarbeit mit Jugendichen und jungen Erwachsenen aus Marzahn-Hellersdorf erstellt und in beiden Bezirken verteilt.

Februar 2011 – Abuje 34 (Athen-Special, Bundeswehr, Extremismus-Diskussion)
Juni 2011 – Abuje 35 (Atomkraft, Festival-Sommer, Eichmann)


Und die Neonazis?
Die Lichtenberger Neonazis waren in diesem Jahr mit zwei zentralen Projekten beschäftigt, der „Ausländer raus“-Kampagne und der Berlin-Wahl. Ansonsten beschränkten sich die Lichtenberger Neonazis auf Propaganda und interne Veranstaltungen, die in dem neu geschaffenen Stützpunkt in der Lückstraße stattfanden.

„Ausländer raus“-Kampagne
Obwohl die Kampagne ihren Ausgangspunkt in Lichtenberg hatte – den schweren Übergriff im Februar im S-Bhf Lichtenberg - fanden die meisten Aktionen in anderen Bezirken statt. Lediglich ein Spontanaufmarsch mit ca 30 Neonazis am Abend des 16. Februar durch die Weitlingstraße und eine NPD-Kundgebung mit 200 Personen zwei Tage später waren in Lichtenberg. Im Rahmen der Kampagne versuchten die Lichtenberger Neonazis mehrere Male, die Schaufenster von Bäckereien und Gemüsehandlungen mit migrantischen Besitzer_innen mit Tapete und rassistischen Parolen zu verunstalten. Drei solcher Aktionen wurden bekannt. Die Kampagne wurde im Juni mit einem intern mobilisierten Aufmarsch in Kreuzberg beendet, der kurz vorher öffentlich wurde und direkt am Startplatz von über 500 Menschen blockiert wurde. Dabei verletzten, auch die Lichtenberger Neonazis Sebastian Zehlecke und Christian Schmidt, mehrere Sitzblockierer_innen. Folge dessen war eine Hausdurchung bei eben diesen Neonazis am 6. Juli.


Berlin-Wahlen
Zu der diesjahrigen Berlin-Wahl traten neben der NPD auch die rechtspopulistischen Parteien „Pro Deutschland“ und „Die Freiheit“ an, so dass die Laternenpfähle gleich mit mehreren rassistischen Plakaten behangen waren. Die NPD, die auf klaren NS-Wahlkampf setzte, räumte in Lichtenberg ganze Straßenzüge anderer Parteiplakate ab, bevor sie ihre eigenen aufhing. Im Vorfeld der Wahl unterstützten wir die Aktion „Rechtsaussen bleibt draußen“ der Berliner VVN-BdA und verteilten, zusammen mit der VVN-BdA und der AINO in Hohenschönhausen mehrere tausend Flugblätter der Kampagne.
Die wenigen Wahlkampfstände im Bezirk wurden meist von den Lichtenberger Kameradschaftsnazis betreut. Das Ergebnis war für alle rechten Parteien ernüchternd. Während „Pro Deutschland“ in Hohenschönhausen Nord einen Achtungserfolg erzielte – 9,8% für den Direktkandidaten in Wahlkreis eins – verlor die NPD im Bezirk etwa ein Drittel ihrer Stimmen. So zogen letztendlich noch zwei anstatt der bisher drei NPD-Verordneten in die Lichtenberger BVV ein. Den im Streit zu „Pro Deutschland“ übergetretenen Torsten Meyer und sichtlich ausgebrannten Jörg Hähnel ersetzte neben Manuela Tönhardt deren enge Vertraute Cornelia Berger. Alarmierend an dieser Wahl waren trotz Verluste die hohen Stimmanteile für rechte Parteien in Nord-Hohenschönhausen. Im Wahlkreis 105 (Wartenberg) wählte jeder zehnte Wähler die NPD. Inzwischen wurde bekannt, dass die Lichtenberger NPD einen Tarnverein namens „Pro Lichtenberg e.V.“ gegründet hat, um unauffällig Lokalitäten anmieten zu können.


Nazistützpunkt Lückstraße 58
Im August veröffentlichten Antifaschist_innen, dass Lichtenberger Neonazis über den Tarnverein „Sozial engagiert in Berlin e.V.“ ein ehemaliges Gardinengeschäft in der Lückstraße 58 angemietet haben. Hinter der Anmietung steckten die bekannten Neonazis Sebastian Thom und David Gudra. Die Räumlichkeit nutzen sie für Treffen, Veranstaltungen, als Lagerraum und Ausgangspunkt von Propagandaaktionen und Übergriffen. Kurz nach Bekanntwerden des Stützpunkts wurden die Schreiben und die Fassade von Unbekannten beschädigt und bemalt. Am 11. September demonstrierten mehrere hundert Antifaschist_innen gegen das Geschäft. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Vermieter schon das Mietverhältnis aufgelöst. Die Neonazis zeigten sich davon allerdings unbeeindruckt und nutzten das Objekt weiter, um dort unter anderem die Wahl-Plakate der NPD zu lagern und Veranstaltungen mit den NPD-Kadern Mike Scheffler (22. Oktober) und Arne Schimmer (9. Dezember) zu machen. Es ist davon auszugehen, dass weitere Veranstaltungen dort stattfanden. Auch die diesjährige Silvio-Meier-Demonstration, an deren Vorbereitung wir uns beteiligten, hatte die Lückstraße 58 zum Ziel. So zogen am 19. November 4.000 Menschen an dem von der Polizei bewachten Naziobjekt vorbei. In diesem Zeitraum verteilten wir mehrere tausend Postkartenflyer gegen den Laden in Lichtenberg.


Naziversand „Reconquista“
Schon seit einiger Zeit war der Naziversand „Reconquista“ in einer ehemaligen LPG-Baracke in Wartenberg angesiedelt. Mit seinen T-Shirtmotiven vermittelte er eine krude Mischung aus klarer Naziideologie und Anleihen von neurechten Portalen wie „PI News“. Bereit am 27. Oktober gab es in den Räumen in Wartenberg eine Durchsuchung, weil der Versand Feuerzeuge vertrieb, die angeblich aus „recycleten Stolpersteinen“ hergestellt waren. Nach Bekanntwerden der Nazi-Mordserie des sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrunds", bei der mindestens zehn Menschen starben, veröffentlichte der Versand ein T-Shirt-Motiv „Killer-Döner nach Thüringer Art“, mit dem die Naziopfer direkt verhöhnt wurden. In folge dessen machten wir mit Flugblättern und Plakaten auf den Nazi-Versand aufmerksam. Die Berliner VVN-BdA erstattete daraufhin Anzeige. Folge war eine weitere Durchsuchung des Versands, bei der die komplette Auflage der Shirts beschlagnahmt wurde. Nur kurze Zeit später wurde dem Versand die Internetseite abgestellt und die Markenrechte für das Label entzogen. Anfang Dezember wurde dann bekannt, dass der Verwalter des Grundstücks dem Versand zum Ende des Jahres die Räumlichkeit gekündigt hat. Bleibt zu hoffen, dass das das letzte Kapitel zu „Reconquista“ war.


Anschläge und Übergriffe
Während die Angriffe und Brandanschläge von Neonazis in anderen Bezirken berlinweite Aufmerksamkeit erregten, war nach Anschlägen in Lichtenberg wenig Echo zu vernehmen. Ziele waren in diesem Jahr vor allem das Interkulturelle Bildungszentrum und der Gedenkstein für den Arbeiterwiderstand im Weitlingkiez (regelmäßige Beschädigungen und Schmierereien), das UJZ in Karlshorst sowie das Parteibüro der Linken (Anschlag: 25. September) in Friedrichsfelde. Auch die Lichtenberger Stolpersteine, vor allem die im Weitlingkiez waren das Ziel von Beschädigungen.
Bereits jetzt sind etwa 10 Übergriffe aus diesem Jahr bekannt geworden. Betroffene waren dabei vor allem Migrant_innen und alternative Jugendliche, aber auch Angehörige der SPD und ein ehemaliger Angehöriger der Naziszene wurden von Rechten angegangen. An mehreren brutalen Angriffen und noch mehr Bedrohungen war der Lichtenberger Neonazi Christian Bentz beteiligt. Gerade im Umfeld der Lückstraße 58 sieht er seinen Aktionsraum. Ein weiterer Angreifer war der bekannte Hohenschönhausener Neonazi Marcel Borck. Dieser schlug am 15. Mai eine Person in der Tram zusammen und wurde in Folge dessen von der Berliner Polizei mit Foto gesucht. Trotz Hinweisen war die Polizei über Monate nicht in der Lage, den nur wenige hundert Meter von der Hohenschönhausener Polizeistation wohnhaften Neonazis zu fassen. Erst im Dezember wurde sein Foto von der Polizeiseite entfernt.