sunset1aklein.jpgsunset1klein.jpgsunset2aklein.jpgsunset2klein.jpgsunset3aklein.jpgsunset3klein.jpg

Liebe Nachbarinnen, liebe Nachbarn, mir liegt ein Video vor, auf dem deutlich zu sehen ist, wie der AfD-Politiker Michael Kossler während eines „Bürgerdialogs“ einem Mann aus dem Publikum ins Gesicht schlägt. Am Montag, den 23. September, hatte die AfD-Fraktion Lichtenberg in den Ratssaal vom Rathaus Lichtenberg geladen, es handelte sich um eine öffentliche Veranstaltung. In der Ankündigung hieß es: „Auch Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses werden zu innen-, verkehrs- und schulpolitischen Fragen Rede und Antwort stehen.“

15 bis 20 Personen hätten den Bürgerdialog der AfD gestört, teilte mir die Polizei auf Nachfrage mit. Die weitere Durchführung der Veranstaltung sei nicht möglich gewesen. Die AfD hatte die Polizei bereits eine Minute nach Beginn der Veranstaltung um 19 Uhr angerufen. Um 19.35 Uhr trafen fünf Streifenwagen am Rathaus ein. Eine Eskalation der Lage sei nicht ausgeschlossen gewesen, schreibt die Polizei, daher wurden alle verfügbaren Kräfte des Abschnitts 64 zum Rathaus entsandt. „Dort eingetroffen konnten keine strafrechtlich relevanten Sachverhalte festgestellt werden. Die störenden Personen wurden nicht mehr angetroffen.“

AfD-Politiker fertigten Videos vom Publikum an: Beteiligte berichten mir, dass die AfD-Politiker Heribert Eisenhardt und Michael Kossler mit Handys durchs Publikum gelaufen seien und gefilmt hätten. Auch dies ist teilweise auf dem Video zu sehen, das mir vorliegt. Kossler habe zudem versucht, Nahaufnahmen der Gesichter zu machen. Ein junger Mann habe nicht gefilmt werden wollen und zunächst mit dem Arm sein Gesicht verdeckt, dann mit Kossler heftig diskutiert.

Auf dem Video ist zu sehen, wie Kossler ihm mit dem Handrücken ins Gesicht schlägt, nachdem dieser das Handy von Kossler mit der Hand wegdrücken wollte. Der Mann sitzt, Kossler steht. Dem Mann sei ein Stück Zahn herausgebrochen, wird mir erzählt. Nach dem Schlag, der im ganzen Saal zu hören gewesen sei, hätten rund 20 Personen „schockiert“ den Raum verlassen. Einige AfD-Sympathisant*innen hätten nach dem Schlag applaudiert. Ein AfD-Politiker habe noch einen Mann beim Herausgehen in Richtung Tür geschubst.

Publikumsbeleidigungen beim „AfD-Bürgerdialog“: Zudem soll der AfD-Politiker Falk Rodig eine junge Frau „Püppi“ genannt haben. Einer seiner Parteikollegen soll „Blondie“ zu ihr gesagt haben und „Fetti“ zu einer anderen Person. Diese so betitelte Person verfügt über einen Presseausweis, den sie den AfD-Leuten vor Ort jedoch nicht zeigen wollte und daraufhin des Saales verwiesen wurde.

Das sagt die AfD zu dem Fall: Am Freitagmittag hatte ich sowohl den Pressesprecher der AfD-Berlin als auch Karsten Woldeit, AfD-Abgeordneter aus Lichtenberg, per Mail mit den Vorwürfen konfrontiert. Woldeit antwortete lediglich mit einem Link zu einem Statement des Bezirksverbands der AfD-Lichtenberg, der erst nach meinen Mails erstellt worden war. Darin heißt es, eine Gruppe, „angeführt von einem alten weißen Mann“, habe den Bürgerdialog gestört. Kossler sei von einem von ihnen festgehalten worden.

Der Mann, der geschlagen wurde, hat bisher keine Anzeige gestellt. Es bestehe kein Vertrauen in die Fähigkeiten der Berliner Polizei, mit den persönlichen Informationen im Rahmen einer solchen Anzeige vertraulich umzugehen und diese nicht durch Zufall oder Unvermögen der AfD zugänglich zu machen. Die betroffenen Personen fordern, dass Michael Kossler aus der AfD-Fraktion zurücktritt. Die Pressestelle des Bezirksamts Lichtenberg kündigte an, das BVV-Büro um eine schriftliche Stellungnahme zu bitten.

Leute-Newsletter des Tagesspiegel