Mit einer Kundgebung unter dem Motto „Winke Winke“ hat das Lichtenberger Bündnis für Demokratie und Toleranz gemeinsam mit der Antifa gestern im Blockpark den bevorstehenden Auszug von Neonazis aus dem gegenüberliegenden Ladengeschäft in der Lückstraße 58 gefeiert. Die Rechten müssen das Objekt bis zum 31. Mai 2014 räumen. Das Datum für die politische Demonstration wurde präventiv gewählt, erklärte Paul, einer der Organisatoren: „Wir demonstrieren ganz bewusst am Herrentag, weil die Nazis hier letztes Jahr gefeiert und den Hitlergruß gezeigt haben. Heute sind wir da. Und die Polizei.“ Tatsächlich trinken sich zur selben Zeit etwa 25 Rechtsextreme in der „L58“ in Stimmung.
„Wir sind heute gekommen, um ein Zeichen zu setzen, dass so etwas weder in Lichtenberg noch andernorts geht. Um zu zeigen, dass wir keine Nazis als Nachbarn haben wollen!“, sagt Isa. Die 25jährige ist mit Baby und Freund auf der bunt gemischten Kundgebung unterwegs. „Es hat lange gedauert, wir waren auf mehreren Demos, doch nun ziehen die Nazis endlich aus“, freut sich auch Matthias Werner, ein älterer Herr, der in der Nachbarschaft wohnt. Für ihn ist nicht nur wichtig, dass die Nazis aus dem Kiez verschwinden: „Vor allem an den Schulen sollte man sich mehr mit Geschichte befassen und den Schülern deutlich machen, dass nationalistische und rassistische Überhöhungen immer der Beginn möglichen Unheils sind.“
Bezirksbürgermeister Andreas Geisel (SPD) dankte allen Anwohnern, Gewerbetreibenden und Antifaschisten, die sich in den letzten Jahren gegen die Rechtsextremisten engagiert und dazu beigetragen haben, einen bunten, kinder- und familienfreundlichen Kiez zu entwickeln: „Nazis verschwinden nicht von selbst. Die Lichtenberger sind dagegen aufgestanden und haben dafür gesorgt, dass der Nazispuk verschwindet“, erklärte der Bürgermeister. Den Nazis sei es nicht gelungen, ihre Strukturen von Lichtenberg aus herauszutragen. Das sieht auch Nico Roth, Sprecher der Antifa Hohenschönhausen, so: „Mit der Schließung der Lückstraße 58 verliert die Berliner Neonaziszene einen ihrer zentralen Treffpunkte.“
In das ehemalige Gardinengeschäft neben dem Immanuel-Kant-Gymnasium hatten sich 2011 Neonazis um das Netzwerk „Nationaler Widerstand (NW) Berlin“ über ihren Tarnverein „Sozial engagiert in Berlin e.V.“ eingemietet. Die Räume waren vom NW sowie der Berliner und Lichtenberger NPD für verschiedene Aktivitäten und Veranstaltungen genutzt worden. In der Folge war es nicht nur zu vermehrten Nazi-Sprühereien, Bedrohungen und Angriffen durch Rechtsextreme im Weitlingkiez gekommen. Es entstanden auch massive Schäden u.a. am Gebäude, die noch immer sichtbar sind. Der Hauseigentümer hatte sich – begleitet von Protesten engagierter Bürger, Parteien, Vereine und politischer Initiativen, die sich im „Lichtenberger Bündnis für Demokratie und Toleranz“ zusammenschlossen – mit juristischen Mitteln gegen die rechtsextremen Mieter zur Wehr gesetzt und im November 2013 vorm Berliner Kammergericht mit einem Vergleich den bevorstehenden Auszug erwirkt.
Von Andrea Scheuring
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